Biolösung GmbH

von Marianne K. Ertl

Agnes B. war ein Phänomen. Sie lebte und liebte, und sie wurde von allen Seiten geliebt. Am meisten liebte sie Moritz, mit dem sie gemeinsam in einer kleinen Wohnung in der Stadt wohnte, deren Fassungsvermögen beinahe vollständig mit Zimmerpflanzen befüllt war. In den Töpfen wohnten einige namenlose Springschwänze, die irgendwann genauso unbemerkt bei Agnes B. und Moritz eingezogen waren wie Theo und Benedikt.

 

Man sollte meinen, dass Agnes B. auf die Springschwänze zuletzt aufmerksam geworden wäre, da sie nicht ganz so sperrig waren wie Theo und Benedikt, und Agnes B. im Großen und Ganzen in Frieden ließen. Dennoch waren sie maßgeblich daran beteiligt, die Geschehnisse der folgenden Zeit in unerwartete Bahnen zu lenken.

 

Zuerst flog Theo als heimlicher Untermieter auf, als er immer häufiger neben Agnes B. und Moritz auf der Couch nieste. Er musste wohl allergisch auf Moritz reagieren, da Agnes B. ihn zweifellos am meisten liebte. Außerdem bekam es ihm nicht, dass Moritz ein Kater war. Aber da konnte man nichts machen; Agnes B. liebte Moritz, da konnte Theo niesen, so viel er wollte. Natürlich hatte Agnes B. auch für Theo etwas übrig und sie streichelte ihm manchmal sanft über den Kopf, wenn er wieder mit seinem Niesen nach Aufmerksamkeit lechzte, ehe sie sich wieder ganz dem Kater widmete. Außerdem gefiel ihr Theos Schritt recht gut. Denn dort befand es sich, das Glück. Wenn sie ihre Hand wie beiläufig seinen Oberschenkel nach oben gleiten ließ, konnte sie eine stattliche Wölbung spüren. Das Portemonnaie, das sich dort befand, war prall gefüllt mit Liebesbekundungen – das wusste Agnes B. genau. Agnes B. liebte also auch Theo. Und so kam es, dass Agnes B. kein Wort darüber verlor, als ihr durch eine Häufung des Niesens endlich bewusst wurde, dass Theo bei ihr eingezogen war. 

 

Theo war es, der schließlich die Springschwänze auffliegen ließ. Sie waren ihm nicht geheuer; immerhin waren sie ungefragt und ohne offizielle Erlaubnis bei seiner Agnes B. eingezogen. Das war auch Theo selbst und so begann er, all seine Komplexe auf die Springschwänze zu projizieren und sie als regelrechte Bedrohung für seine Beziehung zu Agnes B. wahrzunehmen.

 

Dass sie weitaus weniger schädlich für das Raumklima waren als er selbst, auf diese Idee kam er natürlich nicht. Und genauso wenig war er sich Benedikts Rolle, das Raumklima zu verbessern, bewusst; genau genommen wusste er von Benedikt überhaupt nichts, obwohl es vor allem sein Verdienst war, dass Theos und Agnes B.s Beziehung überhaupt noch in geregelten Bahnen verlief.

 

Agnes B. hatte Benedikt kennengelernt, als Theo aufgehört hatte, ihr Komplimente zu machen. Das darf man dem armen Theo natürlich nicht übel nehmen. Er bewunderte Agnes B. aufrichtig, vergötterte sie geradezu, und war daher auch immer sehr findig gewesen, was Komplimente betraf. Seinen Pfefferrebell hatte er sie liebevoll genannt (neben Agnes B. wusste er auch Käse sehr zu schätzen). Damit hatte Agnes B. jedoch nichts anzufangen gewusst; sie hatte nur Käse verstanden und sich ein bisschen geärgert. Oder, ein andermal, als ihre Haut eines Tages seidig im Licht geglänzt hatte, hatte er sie als seine Muschel bezeichnet.

 

»Muschel?«, hatte Agnes B. perplex gefragt. »Hältst du mich für verschlossen?«

 

In einem Versuch, sich zu retten, hatte Theo angesetzt: »Nein-nein, keineswegs! Ich meine das Ding im Inneren.«

 

»Ach, die Perle?«, hatte sie, überrascht über das vermeintlich gelungene Kompliment, gefragt. 

 

Theo war errötet. »Nein, ich meine …«, hatte er sich, Unheil ahnend, geräuspert, »… deine Haut glänzt so weich wie der Schneck im Inneren.« Er hatte sich erneut geräuspert. »Cremig und weich, wie ein Pfefferrebell.«

 

Als Agnes B. daraufhin empört geschnaubt hatte und ihn freundlich darauf hingewiesen hatte, dass sie ihn schließlich auch nicht ihren Springschwanz oder Sackkiefler (was Springschwänze im Übrigen sind) nannte, hatte er resigniert aufgegeben und seine Liebesbekundungen auf Komplimente in Geldform und abendliches Niesen vor dem Fernseher beschränkt. Ihm war bewusst geworden, dass Agnes B. Komplimente zu machen Schnecken vor die Säue werfen gleichkam. Nichtsdestotrotz liebte er sie abgöttisch.

 

Wenig später war also Benedikt in Agnes B.s Leben aufgetaucht, der die einzigartige Fähigkeit besaß, ihr jeden Wunsch von den Augen ablesen zu können. Auch er liebte Agnes B. von Beginn an, liebte sie, wie sie war – mit Kater und Springschwänzen und Mann. Als liebender und verständnisvoller Liebhaber verstand er es, dass Agnes B. Moritz am meisten liebte und dass sie auch Theo ein bisschen liebte und daher sehr an seiner Tasche – Pardon – an der Beziehung hing. Und so geriet er in die Verlegenheit, alles zu tun, um die innige Beziehung der beiden am Leben zu erhalten.

 

Er bespaßte Agnes B., solange Theo außer Haus war. Wenn Theo dann abends nach Hause kam, empfing Agnes B. ihn stets gut gelaunt, während Benedikt sich lautlos unter das Bett zurückzog. Manchmal nahm er dabei Moritz mit sich, damit Theo nicht immerzu so empört niesen musste. Dort harrte er dann aus, bis Agnes B. und Theo sich zu Bett begaben. Sobald die Lichter erloschen, kam sein Einsatz: Jetzt musste er lautlos zwischen Theo und Agnes B. ins Bett kriechen und mit dem liebesbedürftigen Theo kuscheln, bis dieser friedlich einschlief. Dann küsste er Agnes B. liebevoll auf die Stirn und zog sich wieder unter das Bett zurück. Und so waren alle drei glücklich. (Hätte Theo Agnes B. noch Komplimente gemacht, wäre die Affäre vermutlich schneller aufgeflogen; dann hätte Theo bestimmt bei Gelegenheit die stattliche Körperbehaarung, die vermeintlich auf Agnes B.s Rücken wucherte, gelobt.)

 

Eines Tages, als die Springschwänze Theos Komplexe zu stark beflügelten, beschloss Theo, dass es an der Zeit war, die Springschwänze endlich herauszukomplimentieren. Da sie seiner Empfehlung partout nicht nachkommen wollten, beriet er sich mit einer Onlinesuchmaschine und entschied sich letztendlich für die Biolösung. Die Biolösung GmbH versprach ihm die »schnelle und nachhaltige Lösung« all seiner Probleme, insbesondere durch den Einsatz von Nützlingen. Nützlinge, das sind andere, etwas größere, räuberische Tiere, die die Springschwänze auffressen sollten und dann nach getaner Arbeit in aller Ruhe verhungern durften.

 

So bestellte er Raubwanzen, die sich mit größter Wonne an den Springschwänzen gütlich taten. Theo beobachtete das dreitägige Spektakel genüsslich. Denn er wusste – das hatte ihm Biolösung GmbH versprochen –, dass am Ende des Schlachtens eine glückliche Agnes B. stehen würde. Doch als der letzte Springschwanz vertilgt war, starben die Wanzen natürlich nicht einfach sofort. Sie blickten sich verwirrt an, blickten zu Theo, sahen betreten zu Boden und krabbelten dann, verlegen in ihrem grünen Chitinpanzer errötend, in verschiedene Richtungen davon.

 

»Um zu sterben,« mutmaßte Theo. »Das machen ja auch Katzen so, wenn sie wissen, es geht dem Ende zu. Dann verkriechen sie sich, damit sie in Ruhe sterben können.«

 

Er dachte an Moritz und daran, dass er selbst eines Tages in Agnes B.s Leben an die Stelle des Katers nachrücken könnte, und musste unwillkürlich niesen.

 

Aber Theo wurde von den Wanzen eines Besseren belehrt. Noch am selben Abend, als er wieder neben Agnes B. auf dem Sofa saß und sie treuherzig anblickte, während sie Moritz streichelte, und sich Theo gerade an einem Schnurren versuchen wollte, um Agnes B. zu imponieren, kniff ihn plötzlich eine Wanze in seine linke Pobacke. Bald quiekte auch Agnes B. empört auf und sah Theo tadelnd an, als hätte er persönlich sie gebissen. Theo nieste entschuldigend und zog den Kopf ein. Es dauerte nicht lange, da hatten es sich die Wanzen in der ganzen Wohnung häuslich eingerichtet und streckten ihre hungrigen Saugrüssel bald unter Kopfpolstern, Sofaritzen und dem Schrank hervor, wenn ein anderes Lebewesen auch nur in die Nähe kam.

 

»Du, Theo«, schnaubte Agnes B. wenige Tage später genervt, als sie ihr Kopfkissen zurechtschüttelte und drei kleine Raubwanzen verwirrt herauspurzelten, nur, um im nächsten Moment ihr Knie zu attackieren. »So geht das nicht weiter!«

 

Mit einem gezielten Schlag zerklatschte sie alle drei auf einmal und beäugte angeekelt die grün-roten Flecken aus Chitin und ihrem eigenen Blut, die auf ihrem Knie zurückgeblieben waren. 

 

»Entweder entfernst du deine kleinen Helferlein bis morgen Abend, oder ich setze euch alle gemeinsam mit Sack und Pack vor die Tür!«

 

Benedikt unter dem Bett nickte zustimmend und kratzte an einem juckenden Biss auf seinem Bauch. Das musste Theo nicht zweimal hören. Am nächsten Morgen rief er persönlich bei Biolösung GmbH an und bat um Hilfe.

 

»Natürlich haben wir für jede Art von Plage die passende Lösung parat!«, schallte es munter aus dem Telefon. »Nun, was ist Ihr Anliegen?«

 

»Raubwanzen! Überall sind Raubwanzen!«, flennte Theo in den Hörer. »Ich brauche ein Mittel gegen Wanzen! Sie beißen meine Agnes, sie beißen mich – «

 

»Aber-aber, nicht verzagen, der Herr!«, fiel ihm die Stimme ins Wort. »Bei uns sind sie an der richtigen Adresse. In Ihrem konkreten Fall würde ich Ihnen die Würgekäfer ans Herz legen. Sie werden die Wanzen aus dem Hinterhalt attackieren und strangulieren und wenn die letzte Wanze röchelnd zu Boden geht, werden die Käfer aus Mangel an Strangulationsmöglichkeiten einfach absterben.«

 

Dass Theo aus Verzweiflung sofort und ohne weitere Überlegungen einwilligte, versteht sich von selbst; und auch, dass diese nächstgrößere Nützlingskategorie seinen Geldbeutel etwas mehr belastete als die Vorige. Vermutlich werden Sie als aufmerksame*r Leser*in bereits erahnt haben, dass die Würgekäfer nach einiger Zeit aus reinem Jux und Tollerei an der Luftröhre von Moritz und wenig später an denen von Agnes B., Theo und Benedikt herumzuhantieren begannen. Tote Wanzen und anarchistische Würgekäfer führten zur Anschaffung von Fresskröten, die sowohl die Wanzenleichen als auch die randalierenden Käfer liebend gerne fraßen. Agnes B. hatte jedoch keine Freude daran, dass die Kröten Eier im Substrat ihrer Pflanzen ablegten und sich vermehrten wie die Karnickel. Außerdem kotzte Moritz jedes Mal giftgrüne Schleimbrocken auf den Teppich, wenn er wieder heimlich eine der Kröten verspeist hatte.

 

Theo rief also erneut bei Biolösung GmbH an und schüttete sein Herz aus; erzählte von den Kröten und der inzwischen tobenden Agnes B., die erneut damit gedroht hatte, ihn vor die Tür zu setzen.

 

»Natürlich haben wir auch für dieses Problem eine Lösung parat!«, drang sogleich die Stimme aus dem Hörer, nachdem Theo den neuesten Stand der Dinge geschildert hatte.

 

Theo japste erleichtert nach Luft und ließ sich auf das Sofa plumpsen, wodurch einige Kröten empört quakend davonkatapultiert wurden.

 

»Sehen sie,« sprach die Stimme weiter. »In dem von Ihnen geschilderten Falle ist es ratsam – unter der Bedingung, dass sie nicht warten wollen, bis die Fresskröten im nächsten Frühjahr von selbst weiterziehen – eine unserer außergewöhnlicheren, aber auch kostenintensiveren Lösungen in Betracht zu ziehen. Verglichen mit dem Wirkungsgrad sind die Kosten natürlich nicht der Rede Wert–«

 

Theo unterbrach ihn hastig: »Die Kosten spielen keine Rolle. Meine liebe Agnes soll nur wieder glücklich sein!«

 

»Umso besser. Unter diesen Umständen empfehle ich Ihnen ein Zwergkrokodil. Was Sie vielleicht nicht wissen, ist, dass die Fresskröten mitunter zu den Leibspeisen von Krokodilen zählen. Wenn Sie sich ein Zwergkrokodil zulegen, birgt das keine Gefahren für Sie oder Ihre Agnes, vorausgesetzt, Ihre Agnes ist keine Kröte.« Die Stimme kicherte und fügte hinzu: »Das ist sie doch nicht, oder?«

 

Theo war zu überrascht und gestresst, um mehr als ein »Nein« herauszupressen.

 

»Gut,« antwortete die Stimme am Telefon. »Wenn das Zwergkrokodil alle Frösche verspeist hat, empfehle ich Ihnen, es dennoch schnellstmöglich zu beseitigen. Sie können Ihrer Agnes dann eine Handtasche aus feinstem Krokodilleder spendieren.« Man konnte ihn an dieser Stelle direkt zwinkern hören. »Klingt das nicht vielversprechend?«

 

Und so kam es, dass bald ein kleines Krokodil in Agnes B.s Wohnung herumspazierte, das träge als Stolperfalle auf dem Flur lag und sich die Kröten in das halb geöffnete Maul springen ließ. Theo sah in dem Krokodil seinen Retter und Erlöser und nannte es liebevoll Klara. Mit Klaras Hilfe, so meinte er, würde es ihm gelingen, seine Agnes B. wieder friedlich zu stimmen. (Vielleicht hätte er ja das Glück, dachte er insgeheim, dass Klara auf den Geschmack von Katzenfleisch kam.) Dass Agnes B. und Klara sich gegenseitig anfauchten, sobald Agnes B. im Flur über sie stolperte, verdrängte Theo gekonnt. Er kümmerte sich aufopfernd um sie und nannte sie liebevoll seine amniotische Panzerfee. An ihr konnte er nun auch endlich alle angestauten Verniedlichungen auslassen, mit denen er Agnes B. nicht mehr zu überschütten traute. Agnes B. konnte dazu nur die Nase rümpfen.

 

Als sich die Froschplage langsam lichtete, war die kleine Klara zu einer jungen Zwergkrokodildame von einem Meter fünfzig herangewachsen (gemessen von ihrem Vorderzahn zur Schwanzspitze), zu deren Hobbys es gehörte, träge nach den Beinen von Agnes B.s Kater zu schnappen. Ab und zu gesellte sie sich unter das Bett zu Benedikt und knabberte an seinen Gliedmaßen, während er sich Mühe gab, keinen Mucks von sich zu geben. Theo erschrak gewaltig, als er eines Nachts wieder über »Agnes‘« behaarten Rücken strich und anstatt ihrer Pobacke plötzlich ins Leere Griff. Als er am nächsten Morgen aufwachte, war Agnes B. wieder intakt; doch auch sie vermisste einige der einstigen Qualitäten ihres Liebhabers und wurde zunehmend nervöser. Ihr wurde bewusst: An ihr würde die Unruhe nagen, solange an Benedikt ein Krokodil nagte.

 

Klara lag gerade auf Theos Bauch und ließ sich genüsslich ihren Rückenpanzer kraulen, rülpste ab und zu zufrieden und warf Moritz lüsterne Blicke zu, als Agnes B. das Wohnzimmer betrat. Sie musste Theo nur anfunkeln und er wusste, was das bedeutete. Er schnappte sich sein Telefon und wählte die Nummer von Biolösung GmbH.

 

»Da habe ich es nun, das Krokodil, aber ich kann es nicht mehr loswerden, verstehen Sie? Und Häuten will ich meine Klara auch nicht,« erzählte er der Stimme von Biolösung GmbH.

 

»Ich verstehe,« tönte es aus dem Hörer. »Sehen Sie, das Problem ist in erster Linie entstanden, weil Sie unsere Produkte nicht fachgerecht angewendet haben. Aber auch für solche Fälle sind wir natürlich vorbereitet. Nun, natürlich können wir nicht alle Ihre Probleme mit einem Schlag erledigen, dafür ist die Situation schon zu weit fortgeschritten. Bitte nennen Sie uns daher ihre oberste Priorität.«

 

Theo zögerte einen Moment lang und blickte Klara tief in die Augen, die immer noch auf seinem Bauch lag, und erinnerte sich dann an Agnes B., die mit verschränkten Armen das Telefonat beobachtete. Er holte tief Luft und sagte dann: »Was mach ich mir vor. Ich will doch nur, dass meine Agnes glücklich ist!«

 

»Natürlich. Seien Sie unbesorgt, wir haben Ihr Problem im Griff. Wir werden Ihnen schnellstmöglich unser Intensivprogramm zukommen lassen.«

 

Eine Stunde später klingelte ein Vertreter von Biolösung GmbH an Agnes B.s Tür. Theo war, sich bereits unter Agnes B.s Blicken windend und wie auf Nadeln sitzend, eilig zur Tür gehastet. Ein kleiner Brief wurde ihm dort entgegengehalten, den er verblüfft an sich nahm. Er wollte die Tür schon wieder schließen, doch der Vertreter schummelte sich geschickt an ihm vorbei ins Haus.

 

Etwas ungläubig meinte er: »Sie haben wohl nicht ernsthaft gedacht, dass unser marktführendes und innovatives Angebot zur biologischen Lösung ihrer Probleme in diesem…«, er deutete auf den Briefumschlag, an dem Theo sich nun Halt suchend mit beiden Händen festklammerte, »Couvert Platz hätte?« Er lachte schallend. »Nein-nein, mein Freund, das geht sich nicht ganz aus!«

 

Agnes B. und Moritz beobachteten die Szene wortlos vom Sofa aus und selbst der angeknabberte Benedikt hatte neugierig seinen Kopf aus der Schlafzimmertür gesteckt. Klara fauchte drohend vom Flur herüber.

 

»Ah!«, kommentierte der Vertreter. »Das muss Ihre geliebte Agnes sein!«

 

»Das war Klara,« presste Theo schließlich hervor. »Meine Agnes sitzt dort drüben.«

 

»Verstehe,« antwortete der Vertreter und musterte die Frau mit ihrem Kater auf dem Sofa. »Und die wollen Sie also glücklich sehen. Mm-hm.«

 

Theo nickte.

 

Der Vertreter kratzte sich nachdenklich am Nacken. »Wenn das so ist, dann bitte ich Sie darum, die im Couvert beigelegte Rechnung jetzt sofort zu begleichen. Dann werde ich mich sofort an die Arbeit machen.«

 

Theos Hand glitt in seine Hosentasche und fischte mit zitternden Fingern das Portemonnaie heraus. Ohne davor die Rechnung begutachtet zu haben, hielt er dem Vertreter einige große Banknoten entgegen. Dieser nahm sie dankend an sich und grabschte Theo im nächsten Moment das Portemonnaie aus seiner anderen Hand. Noch ehe er darauf reagieren konnte, packte der Vertreter ihn in einen großen Sack, lief einmal quer durch die Wohnung und packte auch Klara und Benedikt ein, drückte Agnes B. das Portemonnaie in die Hand und verschwand fröhlich pfeifend und zum Gruß winkend zur Tür hinaus. Perplex blieben Agnes B. und Moritz mit dem Portemonnaie auf dem Sofa zurück.

 

 

 

Marianne K. Ertl erblickte am 9. Oktober 1996 in Graz das Licht der Welt und wuchs in der niederösterreichischen Wachau auf, wo sie sich vor allem zeichnend, lesend oder schreibend über das Übermaß an pittoresker Natur hinwegtröstete. Nach Abschluss der Matura an einer Schule mit Kunstschwerpunkt zog es sie nach einem kurzen Intermezzo in Belgien nach Wien, wo sie Kunstgeschichte und Germanistik zu studieren begann und nach und nach auch dem Studium der Philosophie verfiel. Das Schreiben konnte sie sich bis jetzt noch nicht abgewöhnen. In ihren Texten befasst sie sich meist mit zwischenmenschlichen Beziehungen und Dynamiken und – vermutlich schon studiengeschädigt – mit dem Phänomen des Sehens und allen damit verbundenen Lastern.

© Der Schuhschnabel. ISSN 2942-1756. Alle Rechte bei den Autor:innen. 

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